Über Gewohnheiten

Eine Tasse Cafe oder Tee und davor ein Notizblock mit einer Beschriftung

Ob sie nun hilfreich sind oder uns schon längst schaden, Gewohnheiten bestimmen unseren Lebensstil. Es lohnt sich daher sie in den Blick zu nehmen.

Gewohnheiten haben zwei Seiten

Einerseits erleichtern sie unser Leben. Wir müssen nicht über alles neu nachdenken. So können wir zum Beispiel mühelos Auto fahren und uns dabei noch unterhalten. Das Lenken geht bereits automatisch, weil wir eine Zeit intensiv dafür geübt haben.
Welch´ große Erleichterung für unser Gehirn! Es wäre überfordert müsste es jedes Mal alle kleinen Details des Alltags neu denken. So bleibt Kapazität für andere mentale Prozesse.

Im Laufe des Lebens nimmt die Zahl der Gewohnheiten zu und oft wollen wir gar nicht über sie nachdenken. Schließlich geben sie uns auch das Gefühl von Sicherheit, Stabilität und Geborgenheit. Sie gaukeln uns Kontinuität vor. Unsere kleine heile Welt soll so bleiben, wie sie gerade ist. Damit verbunden ist freilich die Gefahr in Gewohnheiten zu erstarren.
Wieviel Vertrautes eine Person braucht, um sich wohl zu fühlen, ist individuell sehr verschieden. Gewohnheiten geben die nötige Struktur damit unkontrollierbare Aufregungen, von denen wir uns nicht schützen können, ausbalanciert werden können.

Andererseits, manche Gewohnheiten und Automatismen stehen unserem Lebensglück entgegen. Sie schaden unserer Gesundheit, lassen uns immer unlebendiger werden oder erschweren soziale Kontakte. Werden sie uns bewusst, möchten wir sie gerne loswerden. Aber so leicht ein guter Vorsatz formuliert ist, so schwer kann sich die Umsetzung gestalten, auch wenn wir es uns fest vornehmen.
Hier kommt die „Macht der Gewohnheit“ ins Spiel. Gewohnheitsmäßiges Tun kommt immer leichter und schneller zustande, als bewusstes Handeln. Veränderung benötigt Überlegung, Entscheidung und viel Geduld mit sich selbst.

Gewohnheiten verstehen

Der Wissenschaftler Prof. Bas Verplacken sagt, dass zwischen 30-50 Prozent unseres Alltags durch Routine bestimmt wird.
Neue Fähigkeiten werden über die Großhirnrinde gelernt. Vertiefen wir das Erlernte durch Übung, so verselbstständigen sich Prozesse. Die Hirnsignale werden tiefer ins Gehirninnere verlagert und setzen sich als Routine in den Basalganglien fest. Neuronale Verknüpfungen sind entstanden. Das erklärt auch, warum es schwer sein kann lang bestehende Gewohnheiten abzulegen. Haben wir uns Gewohnheiten antrainiert, oft auch ganz unbewusst, denken, fühlen und handeln wir aus dem Autopilot heraus.

Es wird also unterschieden zwischen Gewohnheiten im Denken, Fühlen
und Verhalten. Ich möchte hier besonders von Gewohnheiten im Verhalten sprechen.

Nach einem Modell von Charles Duhigg haben Gewohnheiten 3 Elemente:

  1. AUSLÖSER – das kann ein bestimmter Ort, eine Uhrzeit, ein Gefühl, ein Ereignis, eine bestimmte Person, etc. sein
  2. ROUTINEHANDLUNG – die Ausführung der Gewohnheit
  3. BELOHNUNG – dabei werden Botenstoffe im Gehirn ausgeschüttet (das Glückshormon Dopamin)

Nach Ch. Duhigg wird die Gewohnheit von der Aussicht auf Belohnung angetrieben. Der Wissenschaftler empfiehlt eine schädliche Routine gegen eine unbedenkliche zu ersetzen. Wichtig dabei ist, dass dieser Tausch wieder eine Belohnung beinhaltet.

Achtsamkeit- Neugierde- Forschergeist- Spontanität- Kreativität sind Gegenpole zu einlullenden Gewohnheiten.

Wenn wir beginnen Achtsamkeit zu üben und unseren Alltag mit Interesse betrachten, können wir uns die Frage stellen: Sorge ich gut für mich selbst? Diese Selbsterforschung erfordert Mut, stolpern wir doch zwangsläufig über Gewohnheiten, Süchte und Verhaltensmuster.
Essgewohnheiten, Trinkgewohnheiten, der Umgang mit Medien, Denkgewohnheiten, Umgangsformen, Rauchen, etc. kreieren unseren Lebensstil. Welchen Einfluss haben diese Phänomene auf unser Wohlbefinden, auf unsere Gesundheit?

Hinter unseren Gewohnheiten verstecken sich unbewusste Bedürfnisse

Es lohnt sich diese zu erforschen. Will man sich etwas gönnen, abschalten, entspannen, informiert sein, sich verbunden fühlen, Gemeinsamkeit erleben, oder will man unangenehme Gefühle oder Gedanken verdrängen oder vermeiden?

Hier ein Beispiel aus meinem Leben:

Ich hatte die fatale Gewohnheit, besonders abends, wenn ich noch vor meinem PC gesessen bin und gearbeitet habe, Knabbereien aller Art in mich hinein zu stopfen.
Nun man kann wirklich nicht sagen, dass Chips und ähnliches hochwertige Nahrungsmittel sind. Viel zu viel Salz und Fett, beides ungesund und dick machend.
Warum also habe ich das getan? Welches BEDÜRFNIS steckte dahinter?

Meine Nachforschung hat ergeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht mehr arbeiten wollte, es aber aus Termingründen dennoch immer wieder getan habe. Der Griff zur Chips-Packung hat mich durchhalten lassen und mir Ersatzlust verschafft, die ich bei meiner Tätigkeit schon längst nicht mehr hatte.

Meine MOTIVATION an dieser Situation etwas zu ändern, kam aus dem hohen Wert, der für mich Gesundheit hat. Meine Gesundheit hat oberste Priorität, das ist für mich noch immer gültig! Mir ist klar geworden, wieviel Lebensqualität von meiner Gesundheit abhängt.

In einem nächsten Schritt habe ich überlegt, wie ich mich in anderer Weise belohnen kann. Den ERSATZ habe ich von mal zu mal neu überlegt. Ein entspannendes Bad, ein Buch lesen auf das ich mich freue, etc. …………solche Dinge habe ich mir in Aussicht gestellt. Und es hat funktioniert!!!
Ja und freilich hüte ich mich die Knusperdinger überhaupt im Haus zu haben.

Übrigens das soll auch nicht heißen, dass ich nie wieder Chips essen werde. Solche rigorosen Verbote würden, selbst wenn sie von mir selbst kommen, nur meine Widerstände wecken.

Die Formel ist also:

  1. AUSLÖSER erkennen
  2. MOTIVATION finden
  3. SINNVOLLEN ERSATZ suchen

Heilsame Gewohnheiten etablieren, unheilsame Gewohnheiten fallen

Eine besonders gute Methode um unliebsame Gewohnheiten abzulegen ist, heilsame Gewohnheiten einzuführen.
Hier ein persönliches Beispiel für das Etablieren einer Gewohnheit, welche eine Schlüsselreaktion ausgelöst hat.

In einer Phase, wo ich an erhöhtem Blutdruck gelitten habe, hatte ich die Wahl: Lebenslange Medikamenten – Einnahme oder Lebens-Stiländerung. Ich habe mich für Zweiteres entschieden auch, wenn das bedeutet hat, dass ich mich dieser Sache aufmerksam zuwenden muss.
Rat und Therapie habe ich bei einem TCM Arzt gefunden. Über die Zeitspanne eines Jahres war ich bei DR. Po Minar in Behandlung. Ich habe Kräuter und Ernährungsempfehlungen bekommen und ich habe begonnen mein Qi Gong Training wieder auf zu nehmen.
Früher schon habe ich Qi Gong geübt, aber irgendwie hat sich das verschleppt, obwohl mir das Training immer gut getan hat. Nun hatte ich also die Aufgabe möglichst täglich zu üben. Das hat Willensstärke und Kreativität erfordert, musste ich doch das Programm irgendwie in meinen vollen Tageslauf integrieren und gegen meine Trägheit angehen.

Mein Motiv: „Die Gesundheit hat höchste Priorität“

So habe ich mich, in äußerster Freundlichkeit mir selbst gegenüber, Tag für Tag am Schopf gepackt. Ob ich nun Lust hatte oder nicht, ich habe meine Matte geholt und pragmatisch zu üben begonnen. Das hat manchmal besser, manchmal schlechter funktioniert, ich habe jedoch nicht lockergelassen. Günstig war auch, dass ich meine Praxis im Kalender aufgezeichnet habe, um den Erfolg auch dokumentiert zu wissen.

Die Kettenreaktion

…also das was sich entwickelt hat, ohne, dass ich es direkt angestrebt habe.

Ich war zu jenem Zeitpunkt Gelegenheitsraucherin. Durch die vermehrte Hinwendung zu meinem Körper und dessen Gesunderhaltung, hat mir das Rauchen nicht mehr so recht behagt. Ich bin empfindlich geworden gegen den Gestank im Raum und auch gegenüber meiner eigenen Körperausdünstung, nachdem ich wieder einmal geraucht habe. Der Geschmack ist mir zuwider geworden und ich habe bemerkt, dass ich immer leicht Halsweh bekomme, wenn ich eine Zigarette rauche.
Ich habe mir nie vorgenommen nicht mehr zu rauchen, habe einfach nur über einen längeren Zeitpunkt diese Erfahrungen und Beobachtungen gemacht.
So hat es sich ergeben, dass ich nur noch in Gesellschaft geraucht habe. Starke Raucher haben mich sehr animieren können.
Schließlich unmerklich und ohne Vorsatz habe ich auch das Gesellschaftsrauchen eingestellt, es hat einfach nicht mehr zu meinem Leben gepasst.

In diesem Beispiel hat sozusagen das eine das andere ergeben.
Man kann daraus ableiten und so erlebe ich es auch: „Je mehr heilsame Gewohnheiten man entwickelt, desto mehr unheilsame fallen ab.“ Man muss sich nur darauf einstellen, dass diese Prozesse Zeit und Geduld brauchen.

Die kontinuierliche Selbsterforschung ist Teil des Achtsamkeitsweges. Die Gefahr in Gewohnheiten zu erstarren ist gering. Wird doch die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment gerichtet. Eine achtsame Person ist daher stets direkt mit den Lebensprozessen verbunden. Zentriert und bewusst im Lebensfluss zu SEIN hält jung, flexibel und lebendig.

Ich hoffe ich konnte inspirieren und Mut machen ein paar überholte Gewohnheiten los zu lassen. Es ist übrigens ratsam sich jeweils nur einer Gewohnheit zuzuwenden, selbst wenn man den Wunsch hat „alles möge sich ändern“. Das erhöht die Erfolgschancen.
Abschließend fällt mir der Satz einer Lehrerin ein:


„Was wir brauchen ist ……einen Becher voll Verstehen, 100 000 Liter Liebe und einen Ozean voller Geduld!“

Ich freue mich über deinen Kommentar! Andere profitieren, wenn du über deine Erfahrungen berichtest.