Schreckenswort „Verzicht“

Auf einem weißen Tisch liegen Karten darauf steht: Less is more

Der Begriff „Verzicht“ scheint nicht sehr beliebt zu sein, daher wird er auch von Politikern zumeist vermieden. Und doch wissen es alle: „Die fetten Zeiten“ sind vorbei! Deshalb finde ich die Thematik ums „Verzichten“, „Sich einschränken“ sehr zeitgemäß und überlegenswert. Denn mit Ressourcen sparsam umgehen, das sollten wir wohl alle angesichts des aktuellen Weltgeschehens.

Wenn ich dem Wort „Verzicht“ in mir nachspüre, dann muss ich zugeben, dass es nicht zu meinen Lieblingswörtern zählt. Meine Assoziationen: Dürre Gestalten, Askese, endlose Wüste…
Erst bei genauerer Betrachtung kann ich dem Begriff „Verzicht“ etwas sinnvolles abgewinnen.

Verzicht bedeutet ein „Nein“ auszusprechen. Ein „Nein“ zum Übermaß.
Schon seit längerem kann ich beobachten, dass mich übermäßiges Essen, exzessives Filme schauen, hemmungsloses Shoppen gehen und dergleichen, nicht wirklich glücklich macht. Nach einem Wonne Tag, an dem ich tüchtig in Genüssen geschwelgt bin, steuere ich hinterher, nahezu automatisch, Bescheidenheit an. Das muss ich mir nicht einmal verordnen. Dieser Drang schützt mich vor dem „Zuviel“. Eine innere Instanz sucht die Balance und lässt das Pendel in die Gegenrichtung schwingen.
Wäre jeder Tag ein Feiertag, so würde er sich ja im Jahreslauf nicht mehr herausheben und sich somit selbst ad absurdum führen. Ich komme also zu dem Schluss:
Erst der Wechsel von Verzicht und Genuss führt zu Lebensfreude.

Der freiwillige Verzicht

Viele Menschen üben sich immer wieder im freiwilligen Verzicht. Fastenkurse, Stille-Retreats, Digitale Enthaltsamkeit werden in Kursen ausgeschrieben und sind durchaus gut gebucht. Es geht dabei um Bewusstheit, aber auch darum sich aus Abhängigkeiten zu befreien. Danach kann man die sinnliche Fülle des Lebens auch wieder intensiver erleben.

Die Freiwilligkeit macht den Verzicht leichter, als wenn er angeordnet, oder aus anderen Gründen, plötzlich zur Lebensrealität geworden ist.
Der Wohlstand ist in unseren Breiten zur Selbstverständlichkeit geworden. Während in anderen Erdteilen Mangel herrscht, leiden wir hier zu Lande am Überfluss.
Mit Mangel konfrontiert, fühlen sich die meisten Menschen frustriert. Sie haben das Gefühl, dass ihnen etwas weggenommen wird, denn der hohe Lebensstandard ist für sie mittlerweile zur Gewohnheit geworden.
Vielleicht können wir aber gerade durch den Verzicht mehr Lebensqualität in einer ganz anderen Richtung finden. Hin zu mehr Einfachheit, Bescheidenheit und Dankbarkeit. Statt wahlloses Konsumieren, wertschätzendes Umgehen mit den Dingen, mit der Natur und den Menschen.

Ich lebe ganz gut damit mir zu sagen: „Nichts ist selbstverständlich“. Deshalb ist mir klar, dass es eben nicht selbstverständlich ist, dass ich auf jenem Teil der Erde lebe, der nicht hungern muss. Dieser Glaubenssatz dämpft meine Erwartungen in alle Richtungen und bringt mich dazu, Dankbarkeit für alles zu empfinden, was mir geschenkt wird.

Angesichts von Verzicht und ich meine, dieses Thema wird uns alle beschäftigen, empfiehlt es sich den Blick auf das zu richten, was man immer noch hat. Denn es liegt in der persönlichen Wahl, ob das Glas als halb leer oder als halb voll betrachtet wird.

Auch lohnt es sich zu überlegen wofür verzichtet wird. Denn diese Spur führt zur Sinnhaftigkeit des Verzichts. Sinn erkennen zu dürfen ist für mich Freude auf geistiger Ebene, die es mir viel leichter macht zu verzichten.

Um auf Kommendes gut vorbereitet zu sein, scheint es mir ratsam sich die eigenen Abhängigkeiten einzugestehen und sich immer wieder freiwillig im Verzicht zu üben.
Und sollte es uns alle hart treffen, dann bleibt nur noch eines um dem Unbill des Lebens zu begegnen: „Das beste aus der Situation machen, so gut es geht“ … mit einem dankbaren Blick auf das was immer noch da ist.

Ich freue mich über deinen Kommentar!